Alle-Sinne-Wanderung

Roland Aigner, 50. Der Kommunikationsprofi hadert immer noch damit, dass er sich nicht für eine Leistungssport-Karriere entschieden hat – daher ist er mit vollem Einsatz in seinem Unternehmen unterwegs. Zum Ausgleich gibt’s die Familie und jede Menge Sport – vor allem Outdoor: Biken, Running, Wandern, Klettersteig, Sportklettern und Bergtouren im Sommer sowie im Winter Alpin-Ski, Skitouren und Langlaufen. Mittlerweile zählt nicht mehr nur die Leistung, sondern das Gesamterlebnis – im Einklang mit der Natur, seiner Familie und dem Blick für das Schöne.
Tag drei in unserem Aktivurlaub in der Outdoorregion Kaiserwinkl. Und heute – nein, heute bleibt das Bike im Keller – heute geht’s gleich am Morgen zu Fuß auf die Harauer Spitze.
Nach dem Frühstück packen wir nun doch die Bikes kurz aus, allerdings nur, um von unserem Hotel, dem Seehof in Kössen-Kranzach nach Walchsee zu fahren. Vorbei am morgendlichen See und der beinahe schon zur Routine gewordenen Bewunderung für die Wasserski-Fahrer, die bereits um diese Zeit Fontänen aus dem stillen See in den Himmel werfen.
Wir parken unser Bike gleich am Ortseingang und beginnen unser kleine Morgentour gegenüber vom Hotel Bellevue – durch das »Gartentürl« Richtung Kunstwanderweg Kalvarienberg. Von dort führt der Weg über die Wiese Richtung Wald und hier sehr engagiert im Wald nach oben. Der Regen der letzten Nacht sorgt hier für ein unglaublich angenehmes Klima, jeder Atemzug ist voller Duft, Energie und Frische.
Alle Sinne im Einsatz
Die beste Begleiterin und ich kommen sehr schnell wieder ins philosophieren, während wir uns dem noch leicht rutschigen Waldweg nach oben „arbeiten“ schnell auf Betriebstemperatur kommen und unser normales Bergauf-Tempo erreichen. Wir gehen schnell, aber immer mit dem Blick für Details, mit dem offenen Annehmen aller Geschenke, die uns die Natur auf einer Tour bereitet – egal, ob leichte Morgenwanderung oder Hochtour.
Das Gehen am Berg ist das ultimative Erlebnis mit allen Sinnen: sensorisch wird den Füßen das Adaptieren an diverse Untergründe abverlangt – ob Wurzeln, Steine oder schwingender Waldboden. Die Hände streifen über nasses Morgengras, halten sich an noch feuchten Steinen fest, nehmen die Energie aus all diesen Naturkörpern auf. Die Augen sind gefordert, einerseits mit dem Weg, aber auch mit den Fernblicken über diese herrliche Landschaft, um dann doch wieder das blühende Heidekraut oder ein futuristisches Pilzgebilde an einem morschen Baumstamm zu entdecken. Der Hörsinn nimmt die Schritte auf, die Geräusche aus dem Wald, den Ruf eines Raben, der plötzlich auf einem Ast über uns sitzt, die Nase nimmt feinste, unterschiedliche Düfte auf – vor allem, im feuchten Morgenwald. Was für ein Sinnesgenuss!
»Eigentlich ziemlich steil«, denken wir uns und schon wechselt das Gelände in einen sanften Feldweg, der dann in einen Waldboden-Grat übergeht, den wir – mit wenigen Höhenmetern – entlanggehen.
Beinahe viel zu schnell sehen wir schon den letzten, kleinen Anstieg und das Ziel unserer Morgenwanderung – die Harauer Spitze. Wobei das eigentliche Ziel dann die Harauer Alm ist, dort gönnen wir uns ein – alkoholfreies – Gipfelbier, welches von der sehr freundlichen Wirtin serviert wird. Der Abstieg über den Forstweg bis zur Abzweigung zum Josefstal legen wir dann schon fast wieder im üblichen Trailrunning-Tempo zurück.
Maria & Josef
Das letzte Stück, welches dann vom Forstweg rechts in Richtung Walchsee abbiegt, genießen wir wieder sehr still und beinahe wie in Trance. Das Josefstal, mit kleinem Bächlein, liebevollen Kapellen und kurzen Fels-Trails ist ein wunderschöner Abschluss dieser kleinen Tour. Das letzte Stück entlang des Walchsees nutzen wir, um unsere Eindrücke auszutauschen. Denn Berggehen ist für mich eines – ein intensives Erlebnis für mich alleine, welches man gerne mit wunderbaren Kameraden und „besten Begleiterinnen von allen“ teilt.