Bigfoot im Kaiserwinkl
Mit Schneeschuhen zwischen Weiß und Blau
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Roland Aigner, 50. Der Kommunikationsprofi hadert immer noch damit, dass er sich nicht für eine Leistungssport-Karriere entschieden hat – daher ist er mit vollem Einsatz in seinem Unternehmen unterwegs. Zum Ausgleich gibt’s die Familie und jede Menge Sport – vor allem Outdoor: Biken, Running, Wandern, Klettersteig, Sportklettern und Bergtouren im Sommer sowie im Winter Alpin-Ski, Skitouren und Langlaufen. Mittlerweile zählt nicht mehr nur die Leistung, sondern das Gesamterlebnis – im Einklang mit der Natur, seiner Familie und dem Blick für das Schöne.
Einfach drauf los
Ein herrlicher Wintertag beginnt im Kaiserwinkl. Die Sonne sucht sich ihren Weg hinter den Gipfeln Richtung Himmel, und es ist bereits offensichtlich, dass sich die Natur heute auf zwei elementare Winterfarben konzentriert – Weiß und Blau. Mehr braucht es nicht, um einen erfüllenden Outdoortag im Kaiserwinkl zu planen. Dabei lassen wir heute alle Arten von Skiern im Keller stehen, denn heute will die beste Begleiterin von allen einer Freundin die WOW Outdoorarena zeigen und zwar entspannt und doch mit einer sportlichen Leistung verbunden, daher fällt unsere Wahl auf die Schneeschuhe.
Die Sonne ist schon ein gutes Stück voran gekommen und beleuchtet den Kaiserwinkl in seiner vollen Winterpostkarten-Pracht. Wir machen uns auf den Weg zu unserem Startplatz – dem Parkplatz Lippenalm – und machen uns für die Tour fertig. Angenehm an Schneeschuh-Touren ist, dass man – außer den Schneeschuhen – keine spezielle oder sperrige Ausrüstung benötigt. Gute, wasserdichte Winterschuhe (ich nehm hier meine Meindl Air Revolution mit Gore Tex), idealerweise Gamaschen, um auch im tiefen Schnee noch trocken zu bleiben, Wanderstöcke und eine angepasste Winter-Sportbekleidung – das ist alles, was man benötigt.
Nun bin ich schon wieder beim Relativieren, denn natürlich geht man nicht „einfach drauf los“ - auch eine Schneeschuh-Tour muss geplant werden, schließlich bewegen wir uns im freien Gelände und eine Lawine unterscheidet nur sehr selten zwischen Skitourengehern und Schneeschuh-Wanderern. Daher plant man die Tour auf der Karte oder einer Outdoor-App, schätzt die Gefahrenstellen ab (Lawinen, Geländeformen) und passt die Tour mit Länge und Höhenmeter seinen individuellen Möglichkeiten an.
Will man sich damit nicht beschäftigen, dann nimmt man sich einfach einen der kompetenten Schneeschuh-Guides im Kaiserwinkl, die das professionell für einen planen und die einen sicher auf der Tour begleiten. Was natürlich auch immer wieder erwähnenswert ist – sollten wir uns im freien Gelände bewegen, haben wir natürlich unsere LVS-Ausrüstung (LVS-Gerät, Sonde, Schaufel) mit – und unabhängig davon ist immer (!) – wirklich immer – ein Verbandpackerl, eine Aludecke und Ersatzkleidung im Rucksack – sonst können auch ganz kleine Ungeschicklichkeiten zu großen Problemen werden.
Schritt für Schritt – nur Glücksgefühl
Die ersten Schritte über die Wiese zum Forstweg Richtung Gwirchtalm gestalten sich schon sehr entspannt, wir kommen schnell in einen gleichmässigen, sanften Rhythmus und genießen das Geräusch der Schuhe am leichten Pulverschneeteppich, der sich hier über die harte Schneedecke gelegt hat. Weiter geht es nun in den Wald hinein und wir folgen den Spuren bergwärts. Wir passen das Tempo unserer heutigen Begleiterin an (Unterhaltungstempo) und kommen so ohne große Anstrengungen langsam höher. Schneeschuh-Wandern ist – auf einfachen Wegen – nicht wirklich technisch anspruchsvoll und ist sehr schnell erlernbar. Man setzt einfach seine Schritte etwas breiter und sobald das Gelände steiler wird, versucht man die Spitzen (leichte Eisenkrallen) stärker in den Schnee zu drücken. Auch hier sind die Schneeschuh-Guides im Kaiserwinkl perfekte Instruktoren, sollte man seine erste Tour planen.
Unsere heutige Begleiterin hat die Technik schnell erlernt und daher „schreiten“ wir auf dem flauschigen Schneeteppich den Weg hoch und genießen in den Serpentinen den Blick ins Tal. Nach einiger Zeit öffnet sich der Wald und wir haben eine herrliche Almlandschaft in vollem Winterkleid vor uns – zu unser Rechten liegt einer der Hausberge – der Heuberg – und vor uns thront das prächtige und mächtige Kaisergebirge. Ich weiß nicht, ob man sich an diesem Anblick jemals sattsehen kann.
Viel zu schnell – zumindest für manche in unserer Gruppe – sind wir an der Gwirchtalm angekommen, machen hier unsere erste größere Trinkpause und gehen dann nach links über die Bergeralm Richtung Lippenalm. Dabei befinden wir uns noch immer im Aufstieg und genießen nun den etwas tieferen Pulverschnee. Der Schnee, die unverspurten Hänge vor uns, der blaue Himmel, die Sonne und die nun angenehmen Temperaturen lassen uns nun schon etwas übermütiger werden und wir beginnen die Hänge hochzulaufen. Das ist das pure Glücksgefühl – im Tiefschnee, mit breiten Schritten auf unseren Bigfoots.
Das Glücksgefühl steigert sich noch, als wir nach der Bergeralm, dem höchsten Punkt der heutigen Tour, wieder talwärts Richtung Lippenalm „gleiten“. Das ist „Schneeschuh-Wandern Premium“, denn talwärts im leichten Tiefschnee ist es eine Mischung aus Laufen und Gleiten (dies erfordert allerdings etwas Routine und Können). Einfach das „belastbare“ Bein in einem leichten Ausfallschritt – und ab und zu ist dann einfach auch ein „Kugeln durch den Tiefschnee“ – bei aller Routine und Technik – dabei.
Am Bergrücken, oberhalb der Lippenalm, öffnet sich nun der Blick über die Schneehänge Richtung Walchsee und wir müssen ganz einfach noch einmal eine Pause machen. Wir genießen den Blick und die wärmende Sonne. Nach der Lippenalm geht es auf einem Forstweg weiter Richtung Tal und wir versuchen die eine oder andere Abkürzung durch das Gelände - mit mehr oder weniger Erfolg oder Schnee im Kragen unserer Jacken. Allerdings ist hier weder die Gefahr einer Lawine noch die Gefahr einer Verletzung gegeben, daher lassen wir übermütig treiben und genießen einfach die kleinen Hoppalas, die unweigerlich im Tiefschnee passieren.
Ganz wenig außer Atem, vollgeladen mit Naturerlebnissen, Energie und guter Laune beenden wir die Tour und kehren dann im Ort Walchsee noch auf eine kleine Jause und einen wärmenden Tee ein und genießen die typische tiroler Gastfreundlichkeit. Und die beste Begleiterin von allen beginnt bereits mit der Planung unseres nächsten Outdoorerlebnisses im Kaiserwinkl. Was das wohl sein wird?