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Egaschtfestl in Walchsee

Wo sich Menschen treffen

Uli Kaiser

Uli Kaiser

Uli Kaiser, 51, freier Journalist für Sport, Wirtschaft und Kultur, hat in seinem Leben zahlreiche Leistungssportler hautnah begleitet. Er genießt das Leben in der Natur und saugt jede kleine Nuance auf. Schwimmen, Radfahren, Wandern und Nordic Walking gehören zu seinen sportlichen Betätigungsfeldern. Ansonsten macht er sein Hobby zum Beruf. Er genießt Regionen zu entdecken und zu beschreiben, wie Menschen leben und welche Gedanken sie haben.

Ich freue mich auf das Egaschtfestl in Walchsee. Wir reisen von Unterwössen an. Gemütlich wandern wir entlang des Walchsees entlang bis ins Ortszentrum. Es bläst ein ordentlicher Wind, aber das stört uns nicht. Im Zentrum selbst deutet wenig auf das bunte Treiben hin. Als wir an der „alten“ Käserei vorbeimarschieren, ist die Freude groß. Überall haben die Menschen Spaß. Vor dem Festzelt entdecke ich den Kunsthandwerkermarkt. Aus dem Zelt ertönt Blasmusik der örtlichen Musikgruppe. Die Stimmung ist prächtig und entspannt. Ich genieße die Tiroler Gelassenheit, die sich auf die zahlreichen Touristen niederschlägt.

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Wertvolle Handwerkskünste

Auf dem Markt schaue ich den Damen beim Klöppeln zu. Die Frauen stellen auf diese Weise Spitzen her. Mir gefallen diesen alten Handwerkskünste. Wie mir die Frauen erzählen, machen sie das nur für sich und präsentieren ihre einzigartigen Werke auf dem Festl in Walchsee. Die Ruhe, die die kleine Gruppe ausstrahlt, ist spürbar. Weiter vorne steht ein bayerischer Drechsler. Gerade wirft er seine kleine Maschine an. Um ihn herum schaut eine Familie mit zwei Kindern interessiert zu.

Auf eine ganz besondere Weise spüre nicht nur ich, wie wertvoll diese Arbeit ist. Diese Fertigkeiten schaffen einen immer währenden Wert in unserer immer noch exzessiven Wegwerfgesellschaft dar. Die Siegsdorfer bieten unter anderem „Weißbiergläser“ aus Holz an. Sie schauen wunderschön aus und sie sogar mit Bildern versehen. Der Handwerkermarkt bietet vielfältige Einblicke und es macht Spaß, mit den Menschen zu reden, die hier ausstellen.

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In geselliger Runde

Auf dem kleinen Festplatz geht es mittlerweile richtig rund. Das Wetter ist optimal und die freundlichen Gedanken aller Gäste und Helfer halten die umherziehenden Gewitterwolken ab, sich schon recht bald auf uns zu ergießen. Immer wieder werden neue Bänke aufgestellt. Es ist Mittagszeit und die meisten genießen allerlei gute Speisen. Vom Hendl übers Wiener Schnitzel bis hin zum Langosch ist alles vertreten.

Das ist kein Wunder, dass das Schnapserl für die Verdauung auch nicht weit ist. Zwei fesche junge Dirndl verkaufen das Feuerwasser. Der Erlös kommt der Blaskapelle zugute. Die meisten Gäste lassen sich nicht lange bitten und bestellen kräftig. Ich finde, die Mädels sind ein tolles Fotomotiv. Sie wiederum finden, dass ich erstaunlicherweise gut ins Bild passe. Das Tiroler Land offeriert halt immer wieder Überraschungen. Selbstverständlich möchte ich ihnen ein Schnapserl abkaufen, aber sie spendieren mir eins. Welche eine nette Überraschung.

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Vor dem Zelt treffe ich eine Gruppe aus Niederbayern. Sie kommen aus Marklkofen, wo mein Vater geboren ist. Plötzlich denke ich an meine Wurzeln, die vom Grundsatz sogar noch näher an den Kaiserwinkl reichen. Mein Opa kam einst aus Reit im Winkl auf die Welt, weit vor Gold-Rosis Zeiten. So schließt sich der Kreis. Es ist immer wieder interessant, wie man wie aus heiterem Himmel auf alte Erinnerungen stößt.

Oldtimer Treffen

Apropos Oldtimer: es ist kurz vor 13 Uhr, als ich nachschaue, was es mit dem Festzug auf sich hat. Die Bulldogs, die teilweise bis zu 70 Jahre alt sind, nehmen Aufstellung auf der Straße nach Rettenschöss. Es ist eine ewig lange Schlange an alten Gefährten. Mir gefallen die ganz alten Geräte, die im Vergleich zur Vorstufe der Fahrzeuge, die wir heute sehen, wie Spielzeug aussehen. Ich erkenne viele sehr bekannte Herstellermarken wieder, die es heute gar nicht mehr gibt. Derartige Wertarbeit scheint bei guter Handhabung fast unzerstörbar zu sein.

Die Einführung der Technik bedeutete für die Landwirte in der Tat eine große Erleichterung, einen Quantensprung für die sonst harte Arbeit auf dem Feld. Rund 100 Fahrzeuge fahren an den begeisterten Zuschauern vorbei. Vorneweg darf der Bürgermeister samt Familie ins Volk winken, ehe ihm dann die Kapelle den Marsch bläst. Das gilt aber nicht nur für den obersten Walchseer Bürger.

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Menschen treffen

Als mich dann zu meinen Freunden setze, beginnt der gemütliche Teil des Tages. Das Festl führt alle möglichen Menschen zusammen.

Links neben mir sitzt eine einheimische Familie. Gerade kommt der Sohn meiner Nachbarin mit seinem Nachwuchs dabei. Dem Kleinen ist es zunächst zu warm. Doch findet er Gefallen an dem bunten Treiben und lacht herzhaft. Papa Matthias trägt einen wunderschönen Gürtel. Seine Mama erzählt mir, dass alleine die Materialien rund 400 Euro gekostet hätten. Sie hat den Gürtel selbst gefertigt und dafür rund 300 Stunden gebraucht. Links neben uns haben es sich Schwarzwälder Gäste gemütlich gemacht. Auch hier gilt das Motto, wenn der Vater mit dem Sohne. Dieser erzählt mir, dass sie aus der Nähe von Villingen-Schwenningen stammen. Sie sind mit der ganzen Familie gekommen.

Mit einem Lächeln meint mein Gesprächspartner: „Kaum komme ich hier an, bin ich wirklich in einer anderen Welt. Hier ist alles so entspannt. Das tut richtig gut. Wir kommen seit einiger Zeit hierher und genießen den Kaiserwinkl in vollen Zügen.“ Besser kann es auch der Schreiber dieser Zeilen nicht ausdrücken. In diesem Sinne warte ich aufs nächste Fest.

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