Ein wahrer Gaumenfrühling
Zu Besuch in der Kaiserwinkl Sennerei
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Uli Kaiser, 51, freier Journalist für Sport, Wirtschaft und Kultur, hat in seinem Leben zahlreiche Leistungssportler hautnah begleitet. Er genießt das Leben in der Natur und saugt jede kleine Nuance auf. Schwimmen, Radfahren, Wandern und Nordic Walking gehören zu seinen sportlichen Betätigungsfeldern. Ansonsten macht er sein Hobby zum Beruf. Er genießt Regionen zu entdecken und zu beschreiben, wie Menschen leben und welche Gedanken sie haben.
Die Kaiserwinkl Sennerei ist nicht zu übersehen. Als Eingang dient ein großer „Käse“, der im herrlich gelblichen Gewand daherkommt. Vertriebsleiter Wolfgang Schett begrüßt mich und wir wandern durch den Verkaufsraum. Schon jetzt läuft mir das Wasser im Mund zusammen, wenn ich durch die große Vielfalt reiner Naturprodukte durchgehe. Es gibt eine Vielzahl an Käsen und köstlichen Produkten aus der Region. „Wir arbeiten mit vielen zusammen, was eine schöne Sache ist“, sagt Wolfgang.
Zunächst erzählt er mir ein wenig von der Geschichte der Sennerei, die zur Pinzgau Milch gehört. 1939 gründeten die heimischen Bauern eine Genossenschaft. Diese ist wichtig, weil sie Milch konzentriert sammelt und verarbeitet. Ein Jahr später wurde der Neubau eingeweiht. Der Sägewerksbesitzer Achorner, der gleichzeitig Pächter vieler Almen war, übernahm als Pächter die Verantwortung, die er bis 1989 innehatte. Das Käsen ist ein traditionelles Handwerk. Dennoch machte auch die moderne Technik vor der Genossenschaft nicht halt und so wurde 1971 ein Käsefertiger eingebaut.
Stetiger Wandel
In den vielen Jahrzehnten erfolgten stetige Wandel. 1990 übernahm die Inntalmilch den Betrieb und ein Grundsatzbeschluss schob den Bau einer Schaukäserei an. Fünf Jahre später stieg die Pinzgau Milch ein, worauf kurze Zeit später die Generalsanierung der Käserei erfolgt. Die Natur sorgte 2013 für den massivsten Einschnitt der Geschichte. Das Hochwasser zerstörte alles. Nach dem Unglück räumten Mitarbeiter und Funktionäre fünf Tage lang auf. So mussten 35000 Kilogramm Käse entsorgt werden. Der Gesamtschaden betrug sechs Millionen Euro und 13 Mitarbeiter verloren ihre Arbeit. Doch gemeinsam ging es schnell wieder bergauf.
Großartige Gemeinschaftsleistung
Die Käserei ist über die Jahrzehnte zum Herzstück der Region geworden. Deshalb konnte bereits Ende 2013 das Geschäft wieder eröffnet werden. Ein Jahr später nahm die Sennerei wieder ihren Betrieb auf. Die Käseproduktion startete im Oktober. Nicht nur hier zogen alle an einem Strang. Wer sich den guten Sennkäse auf der Zunge zergehen lässt, der genießt nicht nur ein meisterhaftes Stück Heimat, sondern erfreut sich an einer großartigen Gemeinschaftsleistung. „Im Jahr verarbeiten wir 4,5 Millionen Liter Rohmilch aus der Region“, erklärt Wolfgang Schett. Die Milch gefiltert, aber nicht pasteurisiert. Deshalb bleiben alle wertvollen Rohstoffe erhalten. Das schmeckt jeder Freund guten Käses.
Das weiße Gold, der Ursprung der Produktvielfalt, stammt ausschließlich aus der kleinteiligen Landwirtschaft. Die Tiere heißen Pinzgauer Rinder. Sie sind nicht so wuchtig, können perfekt kraxeln und sind damit im wahrsten Sinne des Wortes geländegängig. Von Mai bis September genießen die Vierbeiner ihr Almleben. Sie erfreuen sich an frischen Gräsern und zahlreichen Kräutern. Diese „Zutaten“ erkennt der Genießer in den reichhaltigen Aromen des fertigen Produktes.
Wertvolle Tradition
Diese echte und naturnahe Landwirtschaft ist eine wertvolle Tradition, die erhalten bleiben muss. Die Tiere sorgen dafür, dass der Boden auf den Bergen optimal erhalten bleibt. Er wird gefestigt und gedüngt. Zudem wird das Wachsen der Gräser durch die natürlichen vierbeinigen Rasenmäher angeregt. Die Milch vereinigt alle Herstellungsvarianten, weshalb auch Heu- und Biomilch verarbeitet werden. Durch das Filtrieren der sehr frischen Milch, wird dieses komplett gereinigt. „Nach der Herstellung reift der Käse zwischen sechs Wochen und sechs Monaten“, so Wolfgang Schett.
Je länger das Produkt lagert, desto mehr verliert es an Wasser, was wiederum ein Mehr an Geschmacksvielfalt mit sich bringt. Selbstverständlich versuchen sich die Künstler der Herstellung an unterschiedlichen Varianten, so entsteht dann auch der Bioweinaderkäse. Dabei wird Rotwein in den Käse gespritzt, was ein schönes Muster ergibt und sich auch sanft im Geschmack wiederspiegelt. Schließlich soll der edle Sennkäse seinen Ursprung behalten. Der rote Veredler wird über 60 Löcher in den Käse gespritzt. Wenn der Käse sich innerlich zu sortieren beginnt und verschiedene biochemische Prozesse in Gang gebracht werden, darf die Rotschmiere für die Rinde nicht fehlen. Sie verleiht dem Endprodukt diesen typischen Geschmack, den wir alle so lieben.
Käse schließt den Magen und liefert den Zähnen Kalzium. Das ist bekannt. Weniger bekannt dürfte sein, dass der Bergkäse vor Herzinfarkten schützt. Er enthält die Alpha-Linolensäure, die zur Gruppe der Omega-3-Fettsäuren gehört. Somit werden Herz und Kreislauf gestärkt. Es ist nicht überliefert, ob die Almbauern besonders lange leben. Aber im Sommer verarbeiten sie das weiße Gold doch lieber selbst. „Dann bekommen wir in der Tat deutlich weniger Milch“, schmunzelt Wolfgang Schett. Manch wertvolle Tradition schlägt dem modernen Betrieb dann noch das eine oder andere Schnippchen.