Feierabendtour zu Wandberg und Karspitze
Auf die Schnelle in die Berge
Andreas Gruhle, 32. Der Outdoor-Fanatiker ist Wanderer und Bergsteiger aus Leidenschaft und lebt inmitten der Chiemgauer Alpen. Egal wie schwer der Rucksack ist: Die Kameraausrüstung darf nicht fehlen. Seit ein paar Jahren bloggt Andreas auf gipfelfieber.com über das Draußensein und teilt seine liebsten Touren nun auch im Kaiserwinkl-Magazin.
Der Wandberg und die Karspitze sind auf der sanften Seite des Kaiserwinkls zu Hause. Beide Gipfel lassen sich wunderbar auf die Schnelle besteigen. Vor allem am Abend hat das seinen ganz besonderen Reiz.
Was gibt es Schöneres als nach getaner Arbeit noch kurz auf einer Wanderung den Kopf frei zu bekommen? Oder im Urlaub den ganzen Tag am See zu liegen, um am Abend doch noch schnell einen Gipfel zu besteigen? Genau das geht auf dem Wandberg und der Karspitze wunderbar. Einen beeindruckenderen Sonnenuntergang als auf dem beinahe westlichsten Gipfel des Kaiserwinkls wird man kaum finden.
Schöne Aussicht an der Schönen Aussicht
Als Feierabendtour eignen sich die beiden Gipfel deshalb besonders gut, weil sich der Aufstieg in Grenzen hält. In Rettenschöss erlaubt die Auffahrt bis Feistenau einen Startpunkt, der bereits auf knapp 1.000 Meter Höhe liegt. Knapp unterhalb des Gasthauses Schöne Aussicht startet die durchgehend einfache Wanderung. Dass das Gasthaus seinen Namen zurecht trägt, wird beim Blick hinüber zum Kaisergebirge schnell klar.
Über eine breite Forststraße, Wanderer, die gern schneller sind, bietet sich anfangs eine Gelegenheit über einen Steig abzukürzen, geht es in sehr humaner Steigung aufwärts und das erste Zwischenziel, der Wandberg, ein sanfter Grashügel mit stattlichem Gipfelkreuz, ist schon bald in Sicht.
Leckereien am Wegesrand
Bis dorthin ist es aber weit. Vor allem dann, wenn es im Hochsommer am Wegesrand süß und saftig zugeht. Überall warten die kleinen Verlockungen und stoppen den Aufstieg jäh. Walderdbeeren schimmern mit ihrem köstlichen Rot, die Heidelbeerbüsche ächzen beinahe unter ihrer prallen Last und die Himbeeren verlocken zu schmatzenden Pausen.
Oberhalb der Melchbichlalm quert der Forstweg durch den Wald und erreicht bald die Rettenbachalm, wo die Kühe mit ihrem Glockengeläut die Umgebung erfüllen. Vorbei an der Alm steilt der Weg nun etwas an und teilt sich bald.
Auf der anderen Seite des Tals wird das Geschehen jetzt wieder vom Kaisergebirge dominiert. Der Zahme Kaiser vom Heuberg über die Pyramidenspitze bis hin zur Naunspitze sind wunderbar zu sehen. Auch der Wilde Kaiser mit seinen gewaltigen Felsgebilden gibt sich die Ehre. Das eindrucksvolle Ellmauer Tor, die Kletterparadise Fleischbank und Totenkirchl, Ackerlspitze und Lärchegg begrenzen den Horizont im Süden.
Am Wandberg-Gipfel
Am Waldrand entlang ist der Steig nun deutlich schmaler und bergiger geworden. Ein letztes Hinaustreten aus dem Wald, ein letzter Anstieg im steileren grasigen Gelände und der Gipfel des Wandbergs mit seinen 1.454 Metern Höhe ist erreicht.
Eine längere Pause wäre verlockend und auch die Aussicht würde das hergeben, aber die Sonne senkt sich langsam und der perfekte Platz für den Sonnenuntergang ist doch woanders.
Übergang zur Karspitze
Nicht allzu weit ist es bis hinüber zu Karspitze und doch braucht es seine Zeit. Bis zurück zur Rettenbachalm geht es über den gleichen Weg. Dort angekommen, weist der Wegweiser nach rechts in Richtung Karspitze. Vorbei an den immer noch friedlich grasenden Kühen führt der Forstweg bis an den Fuß des Gipfels der Karspitze heran. Die restlichen Meter auf den 1.239 Meter hohen Berg sind oft etwas matschig, aber wer saubere Wanderschuhe hat, war wahrscheinlich gar nicht draußen. Etwa 45 Minuten dauert der Übergang vom Wandberg zur Karspitze.
Farbenspektakel am Himmel
Der höchste Punkt der Karspitze liegt etwas unscheinbar hinter dem mit dem Kreuz versehenen Gipfel. Der Gipfelkreuz-Gipfel bietet dagegen den perfekten Platz zum Betrachten der untergehenden Sonne. Während der lebenspendende Stern langsam irgendwo zwischen Karwendel und Bayerischen Voralpen hinter den Bergen verschwindet, färbt er erst das Kaisergebirge in ein sattes und glühendes Abendrot. Kurz nach dem Sonnenuntergang folgt dann das eigentliche Highlight, auf das Fotografen nicht umsonst schwören. Die sogenannte blaue Stunde sorgt für ein Farbenspektakel. In sanften Lila-Tönen leuchtet der Himmel. Die Wolken schimmern bunt in rot und gold. Das mitgebrachte Gipfelbier und die Nebelschwaden über dem Inntal runden die Stimmung ab.
Zurück zur Schönen Aussicht und nach Feistenau geht es nun über einen einfachen Bergpfad, der knapp oberhalb des Gasthauses wieder auf den Aufstiegsweg trifft. Im Zweifel sollte eine Stirnlampe im Gepäck sein, denn so langsam hält die Dunkelheit im Kaiserwinkl Einzug.
Eine perfekte Abendrunde, bei der es an nichts fehlt, außer dem Blick auf den Walchsee. Ansonsten bietet die Wanderung zum Wandberg und zur Karspitze vor allem perfekte Ausblicke auf das gegenüberliegende Kaisergebirge, das gerade im farbenfrohen Abendlicht eine wahre Pracht ist. Da schmeckt das Feierabendbier gleich doppelt so gut.