Herbstliche Zaubereien
Wanderung zur Feldalm
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Uli Kaiser, 51, freier Journalist für Sport, Wirtschaft und Kultur, hat in seinem Leben zahlreiche Leistungssportler hautnah begleitet. Er genießt das Leben in der Natur und saugt jede kleine Nuance auf. Schwimmen, Radfahren, Wandern und Nordic Walking gehören zu seinen sportlichen Betätigungsfeldern. Ansonsten macht er sein Hobby zum Beruf. Er genießt Regionen zu entdecken und zu beschreiben, wie Menschen leben und welche Gedanken sie haben.
Mein Freund und ich freuen uns auf einen wunderbaren Tag im Kaiserwinkl. Wir wollen die Feldalm erklimmen. Als wir von der bayerischen Seite aus losfahren, genießen wir wunderbaren Sonnenschein. Je näher wir der Grenze kommen, desto nebliger wird es. Eine riesige weiß-graue Zunge schlängelt sich über die Berge nahe Schleching. Es ist ein schönes Bild. Uns ist klar, dass wir einen angenehmen Tag zum Wandern erwischt haben. Die herbstlichen Nebel löst sich auf. Als wir am Parkplatz Walchsee ankommen, erkennen wir noch nicht viel Berggipfel. Die Temperaturen sind angenehm. Wir machen uns vom unteren Parkplatz auf, um die drei Stunden Richtung Feldalm zu gehen.
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Anfänglich lassen wir noch ein paar Meter geteerte Straße hinter uns. Dann tauchen wir in den wunderschönen Herbstwald ein. Vieles ist noch herrlich grün. Die Sonne saugt den Nebel auf, scheint ihn Schritt für Schritt genussvoll zu verschlingen. Meter für Meter, den wir zurücklegen, steigt der Dunst nach oben und die Sonne kann uns ihr freudvolles Lichtspiel schenken. Ich entdecke ein Spinnennetz, das etwas über meinem Kopf edel geflochten und geschickt platziert wurde. In ihm sind Wassertropfen gefangen, die sich im Licht wunderbar widerspiegeln. Wir erleben herbstliche Zaubereien.
Die flacheren Sonnenstrahlen erwärmen uns sanfter. Sie scheinen eine weichere Komposition für unseren Organismus zu bilden als die knallharten, heißen Sommerstrahlen. Etwas weiter oben, rauscht ein Bach. Wie schön es doch ist, die Quelle des Lebens so nah an uns spüren. Es ist beruhigend zu erkennen, wie wunderbar harmonisch die Natur in diesem wunderbaren Fleckchen Erde zusammenwirkt. Wir machen eine kurze Pause und genießen den kleinen Wasserfall, ehe wir uns weiter auf den Weg Richtung Feldalm machen.
Große Weite entdecken
Nachdem wir den dichteren Wald verlassen haben, sehen wir einen Teil verschiedener Almen, die man buchen kann, um dort Urlaub zu machen. Es wird immer idyllischer, weil ruhiger. Auf diesen Höhen ist vor allem Jungvieh bis Anfang September noch fleißig am Rasenmähen. Die Tiere haben die Ruhe weg. Sie liegen am Wegesrand. Der eine oder andere vierbeinige Zeitgenosse ist neugierig und reibt seine Nase an meiner Hand. Ein wenig Kraulen geht. Die meisten der Kollegen sind aber naturgemäß eher scheu.
Immer wieder bleiben wir stehen und genießen die Weite, die sich uns eröffnet. Der zahme Kaiser entblößt sich gerade seines Wolkengewandes. Ein paar hängen noch in der Mitte. Oben und unten ist es klar. Welche schöne Region mächtige Berge ist uns hier geschenkt.
Das besondere Fleckerl
Über teils relativ steile Serpentinen erreichen wir das Gebiet der Feldalm. Immer wieder radeln E-Biker an uns vorbei. Ich spüre ein wundervolles, respektvolles Miteinander. Alle genießen die Natur und sind auf keinen Vorteil aus. Etwa 500 Meter vor dem Ziel richtet sich unser Blick auf einige alte Almen. Sie sind schon hergerichtet. In einigen kann man noch wohnen. Hier stehen die alten „Feldalmen“. An jeder können wir lesen, wie alt sie ist und wann sie hergerichtet wurde.
Was aus der modernen Sicht so idyllisch aussieht, war früher stets harte Arbeit. Während wir auch dort moderne Technik nutzen können, gab es diese früher nicht. Auf der andere Seite darf man sich auch fragen, ob wir in einer solch schönen Region alles brauchen, was uns in der anderen Welt als nützlich verkauft wird. Manche Dinge sind sicherlich praktisch, aber vieles lenkt von der Stille, die man in diesen schönen Regionen erfahren kann, ab.
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Angekommen auf der „Hauptalm“, erfahren wir, dass wir just den letzten Tag der Bewirtschaftung erwischt haben. „Es wird jetzt einfach zu kühl, um draußen zu sitzen“, sagt die Wirtin. Gemeinsam mit ihrem Mann verarbeitet sie täglich 1200 Liter Milch von verschiedenen Bauern zu Käse. Es ist schade, dass man die alte Käseherstellung nicht mehr nutzen kann. Die alte Käserei steht bei den vorher beschriebenen Almen. Auch hier stellt sich die Frage, was am Alten so schlecht sein soll. Vor allem, da ein solches Herstellungsverfahren Geschichte ist und zeigt, wie wir einst ohne große Technik und Überwachung ausgekommen sind.
Die Wirtin erzählt, dass die Tiere zu Beginn des Saison zunächst fünf Wochen deutlich weiter unten ihrem Dasein frönen. Denn dort gibt es dann schon saftiges Gras und würzige Kräuter. Fünf Wochen später geht es dann nach oben. Nach weiteren rund fünf Wochen geht´s dann wieder weiter nach unten. Die einzigen, die in luftigen Höhen noch ihren Spaß haben, sind die Jungtiere, die sich gerade sammeln. Manche düsen mit einer ziemlich hohen Geschwindigkeit bergab. Es ist schön anzusehen und wir genießen das herrliche Gebiet der Feldalm.