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Die Spitze der inneren Ruhe

Klöppeln im Kaiserwinkl

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Schon beim Egaschtfestl sind mir die Klöppel-Damen aufgefallen. Total unaufgeregt erschufen sie ihre Spitzen und die Gäste konnten ein altes Handwerk entdecken.

„Klöppeln macht mir großen Spaß. Mich bringt das komplett in die innere Ruhe. Du bist bereit für den Alltag“, lacht Marlene Selig, die mir für meine Fragen rund ums Klöppeln bereitsteht. Die heimischen Künstlerinnen bestehen noch aus dem Urgestein Mathilde Dieser, Marjana Kapfinger, Kathleen Schichta und Margit Bucher. Gerade diejenigen, die noch arbeiten, finden, dass sie dank dieses Handwerks abends wunderbar abschalten können.

Marlene berichtet, dass sie dank einer Erwachsenenschule in Ebbs wieder auf den Geschmack gekommen ist. Dabei ist ihr das Klöppeln nahezu in die Wiege gelegt worden, denn ihr Vater ging dem gleichen Handwerk nach. Und so fiel letztendlich der Klöppel nicht weit vom Bock. Womit wir gleich schon bei den Utensilien wären, die eine Handwerkskünstlerin dieser Art benötigt, um feine Spitzen entstehen zu lassen: Marlene erklärt, dass man dazu zu allererst einen Klöppelbock benötigt. Das ist sozusagen die Basis, auf der die Spitzen entstehen. Als nächsten braucht´s die Klöppel – meist aus Holz gefertigte Spindeln, die sich nur paarweise überreden lassen – Nadeln und den Klöppelbrief. Was so förmlich klingt, ist nichts Anderes als die Vorlage, nach der die Meisterinnen ihres Faches dann die jeweiligen Spitzen zaubern. Früher wurden diese Muster von einigen wenigen Meistern der Kunst erschaffen und waren extrem wertvoll, da für ihre Herstellung neben künstlerischer Kreativität auch ein hohes Maß an mathematischem und geometrischem Können notwendig ist. Diese Muster wurden sorgfältig kopiert und von Generation zu Generation weitergegeben. In der heutigen Zeit kann man sich die Pläne aus dem Internet holen.

Der Klöppelbrief wird auf den Bock gelegt und entsprechend dem darauf abgebildeten Muster mit Nadeln auf dem Bock festgesteckt. Durch Verdrehen, Überkreuzen oder Verknüpfen der auf den Klöppeln aufgespulten Fäden werden dann um die Nadeln herum die Spitzen erzeugt. Für die einfachste Form reichen 2 Klöppel, es gibt aber Muster, die mehrere Hundert Klöppel benötigen.

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Alte Tradition aus Italien

Die Kaiserwinkler Spitzen entstammen zumeist dem Torehon, das aus Frankreich stammt. Wenn wir ein wenig in der Geschichte dieses Handwerks stöbern, dann stoßen wir auf die Anfänge, die in Venedig um das Jahr 1557 verortet sind.

„Ich denke, dass die Spitzen vornehmlich in den alten Handelsstädten produziert wurden. Sie waren teuer und so konnten sich das nur die reichen Leute leisten. Letztendlich durften nur der Adel und die Könige Spitze tragen“, unterstreicht Marlene Selig.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts konnten diese Produkte in Masse maschinell produziert werden, wodurch das Klöppeln als reines Handwerk einzelner Menschen vom Markt verschwand. Später tauchte die Kunst wieder in den Volkshochschulen auf. In der Tat wird Klöppeln auch heute noch an einer Hochschule gelehrt: der Westsächsischen Hochschule in Zwickau. Denn was Maschinen bis heute nicht können: Um die Ecke klöppeln oder runde Deckchen und komplexe Muster erzeugen. Dafür braucht es immer noch Künstlerinnen wie unsere Kaiserwinkler Klöppeldamen.

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Ein Werk, das dauert

Marlene erzählt begeistert von ihrem Hobby, das sie mit Leidenschaft und viel Zeit in die Tat umsetzt. Wer sich der Aufgabe erstmals widmet, beginnt normalerweise mit zwei oder drei Paar Klöppel. Routiniers wie Marlene oder Mathilde Diesner, die weit zuvor damit begann, „zähmen" 50 Paare. Die Fäden bestehen zumeist aus Leinen, Seide oder Baumwolle. Danach bewegen sich die Künstlerinnen entlang des Klöppelbriefes, der die Landkarte einer meisterhaft gestalteten Spitze ist. Die Tirolerinnen erfreuen sich an den französischen Ausfertigungen. Die Wiegen des Handwerks stehen, wie oben berichtet, in Italien und früher auch in den spanischen Niederlanden. Auf der deutschen Seite finden wir vor allem im Erzgebirge Wurzeln dieser eleganten Handarbeit.

Mathilde Dieser lässt gerade ehrenamtlich zwei Spitzen für die Kirche in Walchsee entstehen. Ein solches Meisterwerk misst sage und schreibe 17 Meter.
„Zeit“, so sagt Marlene, „kannst du dafür nicht wirklich bemessen. Für fünf Zentimeter Spitze braucht man schon gute drei bis vier Stunden.“

Das alte Handwerk ist aber wieder im Kommen. Marlene, Mathilde und Co. waren unter anderem auch schon auf dem Klöppel-Kongress in Linz. Dort gibt´s alles, was das Herz begehrt. Und mindestens 500 Handwerksbegeisterte waren auch dort.

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Uli Kaiser

Uli Kaiser

Uli Kaiser, 51, freier Journalist für Sport, Wirtschaft und Kultur, hat in seinem Leben zahlreiche Leistungssportler hautnah begleitet. Er genießt das Leben in der Natur und saugt jede kleine Nuance auf. Schwimmen, Radfahren, Wandern und Nordic Walking gehören zu seinen sportlichen Betätigungsfeldern. Ansonsten macht er sein Hobby zum Beruf. Er genießt Regionen zu entdecken und zu beschreiben, wie Menschen leben und welche Gedanken sie haben.