Kössen entdecken

Der Herbst streckt seine doch recht feuchte Hand über dem Kaiserwinkl aus, als ich durch das Steinerne Tor von Schleching kommend Richtung Kössen fahre. Ich genieße einen ganzen Tag im Kaiserwinkl. Kössen ist eine meiner Stationen. Am Morgen liegt noch der Nebel über den Häusern. Das Schöne an solchen spätsommerlichen Frühherbsttagen ist, dass sich die in diesem Falle sanften grauen Schleier schnell heben. Es ist mäßig warm, aber dennoch spürt der Körper den herannahenden Temperaturanstieg und scheint noch vorgewärmt von den letzten wunderbaren Tagen.

Das Schauspiel, das sich mir bietet, zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Die Sonne nutzt ihre magischen Strahlen, um den Deckel vom Tal zu heben. Die Wolken können nicht anders, sie ziehen magisch die Berge hinauf. Es wird immer heller. Ich wandere durch Kössen. Weil ich Zeit habe und schaue mir die alten Häuser an.

Da fallen vor allem die schönen Malereien auf, die ich erkennen kann. Sie zeigen die Gottesfürchtigkeit, die in dieser Region tief verwurzelt ist. Es ist schön, innezuhalten und die manchmal schon bröckeligen Kunstwerke zu betrachten. Ein kurzer Besuch in der Kirche darf natürlich nicht fehlen. Sie lädt zum Verweilen ein, weil sie hell und freundlich gestaltet ist. Früh am Morgen herrscht noch Ruhe in dem Ort, der schon vor 5.000 Jahren ein Handelszentrum war.

Viele Menschen zieht es hierher, weil die Menschen im Kaiserwinkl immer ruhig und freundlich sind. Selbst, wenn es viel rührt, spürst du eine Sanftheit, die sich sofort auf dein Inneres auswirkt. Weit weg von der Hektik von Großstädten und dem medialen Dauerbombardement, kehrt Frieden in dein Herz ein. Es ist die Verbindung zur Natur, die immer noch in sattes Grün getaucht ist, die dich erdet.

Ich entdecke drei Schafe, die gemütlich vor sich hin weiden. Neugierig heben sie die Köpfe. Das Älteste kommt vorsichtig auf mich zu, schnuppert an meiner Hand, zieht es aber dann vor, das kurz unterbrochene Frühstück fortzusetzen. Ich blicke rundum und erfreue mich an den Bergen. Sie schenken allen Menschen eine besondere Kraft. Welche Energie muss diese vor Jahrmillionen geboren haben. Welche Macht hat diese majestätischen Steingebilde in derartige Höhen wachsen lassen. Es muss gigantisch gerumpelt haben. Immer und immer wieder. Dann erlebte diese Region Gletscher. Eis, wohin der Bewohner damals blickte und ein damit verbundenes sehr schweres Leben. Und jetzt grünt und blüht es hier. Es gibt immer genügend Niederschlag in einer abwechslungsreichen und wunderbaren Wanderregion.

Nachdem ich einige Zeit gewandert bin, kehre ich wieder nach Kössen zurück. Dort findet gerade ein kleines Fest statt. Es ist ein etwas größerer Markt mit diversen Attraktionen für die Kinder. Es sind nicht nur die Kinder, die mir Freude bereiten, es ist das Leben. Auf dem Markt kann man alles Mögliche kaufen. Es gibt Speck und den guten Bergkäse. Wenn er lange genug gereift ist, schmeckt er fast wie Parmesan. Es ist wie immer ein Geschmackserlebnis. Den Kindern sind derlei Genüsse egal. Die ganz Kleinen haben Spaß beim Ponyreiten oder schlecken ihr Eis.

Wir genießen Sonne und sehr angenehme 23 Grad. Als der kleine Rundgang beendet ist, gehe ich nochmals auf den schön gestalteten Dorfplatz. Ich genieße ein Haferl Kaffee und beobachte die Leute. Ich denke zurück an den Almabtrieb, der stets einer der Höhepunkte des Jahres ist. Leider findet dieser heuer aufgrund der Covid 19 Maßnahmen nicht statt. Ich denke an nächstes Jahr und freue mich auf die Rückkehr der Feste und des schönen Beisammenseins. Im Sinne der Gemütlichkeit, der Geselligkeit und der Freude, die alle Menschen zusammenschweißen sollte. Denn nur durch die Freude wächst die innere Ruhe, die hier im Kaiserwinkl immer zu spüren ist, wenn du dich auf die Natur, die dir so wunderschöne Blicke schenkt, einlässt.