Sonnwendfeuer im und über dem Kaiserwinkl
Das Bergfeuer wird entzündet
Andreas Gruhle, 32. Der Outdoor-Fanatiker ist Wanderer und Bergsteiger aus Leidenschaft und lebt inmitten der Chiemgauer Alpen. Egal wie schwer der Rucksack ist: Die Kameraausrüstung darf nicht fehlen. Seit ein paar Jahren bloggt Andreas auf gipfelfieber.com über das Draußensein und teilt seine liebsten Touren nun auch im Kaiserwinkl-Magazin.
Kurz vor der Jahresmitte glühen die Bergspitzen. Auch im Kaiserwinkl werden wieder Sonnwendfeuer bzw. Bergfeuer entzündet.
In den skandinavischen Ländern ist Mitte Juni die Zeit, wo es beinahe gar nicht mehr dunkel wird. Die Mitternachtssonne taucht die dunkelste Nacht in helles Licht und nicht nur eine schwedische Möbelhauskette feiert Midsommar, sondern auch die Schweden selber und so stellen sie landauf- landabwärts grün geschmückte Baumstämme auf (erinnert an das Maibaumaufstellen im Alpenraum) und feiern ihr Midsommarnachtsfest. So auch in Finnland, wo das Mittsommer-Fest nach Weihnachten sogar der wichtigste Feiertag im Land ist.
Je weiter es gegen Süden geht, desto dunkler werden die Mittsommer-Nächte. In Dänemark wird symbolisch eine Hexe aus Stroh verbrannt. Das soll böse Kräfte fernhalten. Aber gilt das auch für die großen Feuer, die in Tirol, im Kaiserwinkl und oben auf den Bergspitzen oft kunstvoll entzündet werden?
Geschichte der Sonnwendfeuer und Bergfeuer
Die Beantwortung der Frage, wo die Tradition herkommt, ist dabei nicht ganz einfach. Die Nationalsozialisten haben im 20. Jahrhundert versucht, die Sonnwendfeuer als uralte heidnische Bräuche für sich zu deuten. Hintergründe für die heutigen Sonnwendfeuer sind aber wohl andere.
Denn die Sonnwendfeuer - nicht nur im Kaiserwinkl - werden auch oft als Johannisfeuer bezeichnet. Der Johannistag wird zur Geburt von Johannes dem Täufer Jahr für Jahr am 24. Juni gefeiert. In der Bibel steht geschrieben, dass Johannis Jesus sechs Monate voraus ging. Es sind also genau sechs Monate vor Weihnachten. In diesem Zeitraum (eigentlich schon kurz vorher) fällt dazu die Sonnenwende, die Tage werden wieder kürzer, die Nächte länger. Dieser wichtige Wendepunkt im Jahr wurde schließlich mit Sonnwendfeuern gefeiert.
Dass auf den Bergen ebenfalls Feuer entzündet werden, hat mit den Sonnwend- und Johannisfeuern dagegen nur bedingt etwas zu tun, vielmehr ist es auf eine historische Begebenheit aus der Zeit von Napoleons Kriegen zurückzuführen. Der Herz-Jesu-Schwur sollte alle Tiroler als Einheit im Kampf gegen die Franzosen verbinden. Als Folge wurden an einigen Gipfel Leuchtfeuer entzündet, um auch abgelegene Regionen schnell erreichen zu können. Die französischen Truppen konnten anschließend überraschend besiegt werden und so werden die Bergfeuer heute auch als Herz-Jesu-Feuer bezeichnet. Da der Termin stets auf den dritten Samstag bzw. Sonntag nach Pfingsten fällt, liegt er oft in der Regel rund um die Sonnenwende. Sonnwendfeuer und Herz-Jesu-Feuer werden so oft am gleichen Tag zelebriert.
Übrigens: Sowohl in Österreich als auch im benachbarten Bayern gibt es Petersfeuer, bei denen rund um den Peter und Paul-Tag am 29. Juni eine Peter-Puppe aus Stroh verbrannt wird.
Wer entzündet die Bergfeuer?
Der Verein Bergkameradschaft Walchsee kümmert sich heute um die Bergfeuer, die im Zahmen Kaiser zwischen Pyramidenspitze und Rosskaiser entzündet werden. Die Mitglieder rund um Obmann Michi Hechenbichler sind es, die die Tradition Jahr für Jahr wieder aufleben und die Berge zum Leuchten bringen.
So kommen die Feuer auf den Berg
Lange vor Sonnenuntergang treffen wir uns auf der Hochalm. Knapp 30 Bergkameraden in allen Altersstufen sind hierher gekommen und nun heißt es, die Fackeln und die „Brenntöpfe“ auf die Rucksäcke zu verteilen.
Dann geht es los und auf die steilen Grasflanken des Rosskaisers zu. Auf kaum erkennbaren Steigen, teilweise sogar weglos, geht es nach oben. Das Gewicht im Rucksack ist enorm und so fließen die Schweißperlen in Strömen. Die erste Steilstufe wird erreicht und bald sind wir im Sattel zwischen Kleinem und Großen Rosskaiser angekommen. Hier verteilen sich nun die Bergkameraden und die Feuerstellen werden errichtet. Damit der ganze Grat zwischen Rosskaiser und Pyramidenspitze erleuchtet, macht sich ein Teil der Bergsteiger auf den sehr anspruchsvollen Weg. Wie Gämsen bleiben die tiefen Abgründe links und rechts liegen und eine Stelle nach der anderen wird errichtet. Die andere Hälfte der Bergkameraden ist von Durchholzen über die Winklalm und den Klettersteig direkt zur Pyramidenspitze aufgestiegen und errichtet von dieser Seite die Feuer am Grat.
Das Entzünden der Feuer
Kurz vor Sonnenuntergang ist es dann soweit. Ein Feuer nach dem anderen wird entzündet und die Bergkameraden machen sich im Schein der Dämmerung rasch zurück, um heil wieder ins Tal zu kommen. Am Sattel folgt noch ein kurzer Blick zurück zum erleuchteten Berggrat. Wie grandios der Blick von unten wohl erst ist?
Es ist lang dunkel als im Schein und dem stetig flackernden Licht der Stirnlampen zurück an der Hochalm sind. Ein Bier später geht es wieder ins Tal und nach Walchsee, wo wir erst ankommen als die Bergfeuer schon lang abgebrannt sind.
Übrigens: Knapp 90 Minuten brennen die kleinen Feuer, die keine Rückstände hinterlassen, sondern komplett niederbrennen.