Bio-Honig aus dem Kaiserwinkl
Von Bienen, Blumen und Honig
Es ist regnerisch, als ich in Bernhard Bichler’s Bio-Imkerei im malerischen Rettenschöss ankomme. Doch der herzliche Empfang von Angelika und Bernhard in ihrer gemütlichen Stube lässt das schlechte Wetter schnell vergessen. Während wir bei einer Kanne Tee die verschiedenen Honigsorten verkosten, plaudern wir über die Imkerei. Als frischgebackene Hobby-Imkerin bekomme ich vom Profi viele Tipps und Tricks mit auf den Weg und natürlich einen Einblick in den Alltag des Berufsimkers.
Vom Hobby zum Beruf
Chef von 20 Millionen Arbeiterinnen
Auch bei Bernhard begann die Imkerei als Hobby, das er neben seinem Hauptberuf langsam auf- und ausbaute. Schon damals war es ihm wichtig, nach Bio-Standards zu arbeiten. Viele Bienenstöcke hat er selbst gebaut, mit Holz aus der eigenen Waldwirtschaft und in der Tischlerei eines Freundes. Mit 100 Völkern ließ er sich schließlich offiziell biozertifizieren. Inzwischen ist er seit 25 Jahren Imkermeister und Tirols einziger Berufsimker. Das bedeutet, dass er ausschließlich von der Imkerei leben kann. Dies schafft er nur mit sehr, sehr vielen Arbeiterinnen: Mit seinen mittlerweile 400 Völkern kommt er in der Hochsaison auf etwa 16 bis 20 Millionen Bienen. Mit diesen geht er regelmäßig auf Wanderschaft, denn nur so finden die Tiere genügend Tracht zum Sammeln.
Bienchen summ herum
Bienen auf Wanderschaft
Bernhard kommt mit seinen Bienen im Kaiserwinkl ganz schön herum. Seine absolute Spezialität ist der Bergblütenhonig der Almrose, für den seine Bienen bis auf 1.800 Höhenmeter wandern. Um 04:00 Uhr morgens beginnt die Wanderung: Mit dem Anhänger werden die Tiere in die Berge gebracht und dürfen dann frische Bergluft schnuppern. Je nach Standort und Trachtangebot bleiben die Bienen zwischen einer Woche und mehreren Wochen an einem Standort.
Insgesamt 25 ausgewählte Standorte hat Bernhard in Kooperation mit den Bundesforsten und den Bio-Bauern der Umgebung. Den richtigen Standort zu finden, ist nicht immer einfach: Als Bio-Imker muss Bernhard darauf achten, dass im Umkreis von drei Kilometern Nektar- und Pollenquellen vorhanden sind, die laut Verordnung „im Wesentlichen aus biologisch erzeugten Pflanzen oder gegebenenfalls aus Wildpflanzen oder nichtbiologischen Kulturpflanzen oder Wäldern bestehen“. Selbstverständlich haben auch die Bienen ihre Ansprüche an den Standort und nicht zuletzt muss Bernhard auch noch mit seinem Anhänger zufahren können.
Biologisch oder regional?
Vom Bio-Boom zur Regionalität
Als Bernhard sich bio-zertifizieren ließ, waren biologische Lebensmittel gerade voll im Trend. Heute ist der Bio-Boom längst vorbei. Die Menschen greifen lieber zu regionalen Lebensmitteln als zu Bio, das von irgendwoher kommt. Bio ist heut nur noch das Zuckerl obendrauf. Trotzdem ist Bernhard nach wie vor vom Bio-Standard überzeugt, da er den Tierschutz an erster Stelle stellt.
Bio ist in der Imkerei durch die Varroa-Milbe zum Thema geworden. Als die asiatische Milbe bei uns zum Problem wurde, bekämpfte man sie mit allen Mitteln. Deren Rückstände waren jedoch für die Bienen gefährlich und außerdem förderten sie die rasche Entwicklung von Resistenzen. Was als Verzicht auf Medikamente begann, hat sich im Laufe der Jahre zur Bioimkerei entwickelt.
Ein Auf und Ab
Arbeiten mit der Natur
Wenn Bernhard von den Bienen und seinem Beruf erzählt, strahlt er. Ich spüre seine Leidenschaft richtig und kann sie gut nachvollziehen – auch mich haben die Bienen schon in ihren Bann gezogen. Ich kann gut verstehen, dass er das Arbeiten in und mit der Natur liebt. Vom Frühjahr bis zur Einwinterung Ende September ist er ständig an der frischen Luft. Natürlich hat die Arbeit mit der Natur auch ihre Schattenseiten: In diesem Jahr war in den Medien immer wieder zu lesen, dass die Imker zu wenig Honig ernten konnten. Bernhard weiß aus Erfahrung, dass kein Jahr wie das andere ist und man es nehmen muss, wie es kommt. Kein Honig schmeckt wie der andere, in diesem Jahr war zum Beispiel der Löwenzahn besonders stark.
Während sich Bernhard um die Bienen kümmert, erledigt seine Frau Angelika alles, was die Kund:innen betrifft: Rechnungen, Lieferungen, Marketing. Die Vermarktung des Honigs findet vor allem im Herbst statt, wenn die Bienensaison langsam zu Ende geht. Dann ist es auch Zeit, das Material wieder auf Vordermann zu bringen. Auch hier packt Angelika gerne mit an: Rähmchen waschen, Drähte spannen, Mittelwände einlöten uvm. Die Materialwirtschaft in einer so großen Imkerei ist eine echte Herausforderung und erfordert viel Organisationstalent. Früher verkauften sie den Honig viel direkt, heute liefern sie mehr an Händler: Hier liegt die Herausforderung vor allem in der Verfügbarkeit des flüssigen Goldes. Aber auch heute noch sind sie auf den Märkten zu finden, auf einem sogar jede Woche.
Unser Tipp
Für Schleckermäulchen
Jeden Samstag von 08:30 bis 12:30 Uhr gibt’s die Produkte der Bio-Imkerei Bichler am Wörgler Bauernmarkt am Gradlanger Platz hinter der Stadtpfarrkirche zu kaufen. Und wer die Gläser wieder retour bringt, erhält den Einsatz von 50 Cent zurück.
Caroline Fellinger, 41. Ist sie beruflich als Geschäftsführerin einer Kreativagentur viel in der virtuellen Welt unterwegs, genießt sie in ihrer Freizeit lieber die Natur – gleich, ob Berge, Flüsse, Seen und Wälder – Hauptsache, draußen. Beim Wandern, schwimmen, Kajak und Kanufahren im Sommer, Snowboarden und Skifahren im Winter ist sie immer auf der Suche nach Neuem.