Von wilden Kletterern und kleinen Kinderfüßen
Familienwanderung zum Stripsenjochhaus
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Sophie und Louise, 33 und 4 Jahre, sind als Mutter-Tochter-Gespann fast täglich in der heimischen Bergwelt unterwegs. Über ihre Erlebnisse beim Bergsteigen, Wandern, Klettern und Radeln und berichten sie auf ihrem Instagram-Kanal @alpenbaby
Es ist Mitte Juni. Der Regen fällt in dicken Tropfen. Weiße Wolkenberge wabern durch die Wälder. Die Felszacken sind dicht verhangen. Schneeflocken mischen sich unter den Regen. Der Wind weht.
Perfektes Bergwetter, oder?
Das Stripsenjochhaus: alpiner Verkehrsknotenpunkt
Für das Stripsenjochhaus ist immer das perfekte Wetter.
Ob an strahlenden Hochsommertagen, oder an regnerischen Frühsommertagen wie heute.
Wie eine Burg thront das imposante Haus auf dem Stripsenjoch. Von jeder Seite aus zugänglich ist es ein wahrer Verkehrsknotenpunkt im Kaisergebirge und zwar genau an der Stelle, wo Zahmer und Wilder Kaiser aufeinander treffen.
Apropos aufeinander treffen: hier oben auf dem „Strips“, wie die Einheimischen die Hütte nennen, treffen ambitionierte Bergsteiger auf gemütliche Wanderer, Familien mit Kindern auf wilde Kletterer.
Im Wandel der Zeit
Schon als Kind war ich mit meiner Oma oft hier heroben auf dem „Strips“, der schon im Jahre 1902 eröffnet wurde und einiges an Alpingeschichte erlebt hat.
Wie im Kino empfand ich die Aussicht von der Panoramaterrasse damals. Direkt gegenüber türmen sich die wilden Felszacken der Fleischbank, Totenkirchl und Co. auf. Wer ein Fernglas im Rucksack hat, kann die Kletterer aus nächster Nähe beim Bezwingen der alpinen Routen verfolgen.
In meiner Jugend absolvierte ich hier meine ersten mehrtägigen Alpin-Kletterkurse, als Erwachsene sauste ich schnell vorbei, um in aller Frühe zu alpinen Bergtouren im Wilden Kaiser aufzubrechen. Heutzutage ist das Stripsenjochhaus ein imposantes Gebäude inklusive Indoor-Kletterwand.
Von der Griesneralm aufs Stripsenjochhaus
Diesen Sommer bin ich das erste Mal als Familie hier. Mit meinem Mann und meiner Tochter Louise, dreienhalb Jahre alt und mal mehr, mal weniger berg-ambitioniert.
Wir wählen deswegen den gemütlichen Aufstieg durchs Kaiserbachtal von der Griesneralm aus.
Auf die Griesneralm führt im Sommer eine Mautstraße bis auf 1024 Meter hinauf, sodass von hier aus nurmehr knappe 600 Höhenmeter bis zum Stripsenjochhaus (1577m) bezwungen werden müssen. Das ist auch mit Kraxe, oder für kleine Kinderfüße gut machbar.
Bergeinsamkeit im Sommerregen
Dank des Regens sind wir fast allein am Parkplatz und Louise verkriecht sich lieber in ihre Kraxe mit Regendach und denkt garnicht daran, selbst zu laufen.
Das soll uns recht sein, so kommen wir schneller voran.
Vom ersten Meter an ist der Weg auf den Strips ein Erlebnis.
Traumhaftes Panorama begleitet uns von Anfang an, der Weg ist abwechslungsreich und wunderschön. Wir treffen keine Menschen, nur das Rauschen der Bergbäche und das prasseln des Regens begleiten uns.
Links entdecken wir die steile Rinne in Richtung Fritz Pflaum Hütte, die wir vor wenigen Monaten noch per Tourenski bezwungen haben. Heute ist sie nahezu schneefrei und ein Meer aus Alpenblumen ergießt sich zu unseren Füßen.
Die kleine Wildkräuter-Expertin Louise ruft sogar aus ihrer Kraxe „Ooh, Rotklee! Schau Mama, so viel Frauenmantel!“. Wir sammeln oft Kräuter für Tees und Salze, so bleibt sogar bei einer Dreijährigen schon ein wenig Kräuter-Wissen hängen.
Über Stock und über Stein
Der Weg steilt an und wir passieren ein kleines Waldstück, wo es über Wurzel und Felsen bergan geht. Louise will unbedingt selber laufen, so einen „Kinderweg“ will sie sich nicht entgehen lassen. Wir passieren eine Quelle und bestaunen die steilen Felswände, die hier und da von der Wolkendecke freigegeben werden.
Schon bald wird das Gelände freier und wir passieren unterhalb der Steinernen Rinne ein kleines Schneefeld.
„Hier kann man ja noch skifahren!“ freut sich Louise. Ja, das Wetter und die Temperaturen würden auf jeden Fall passen!
Wir entdecken einige Gamserl, die vor dem Nebel weiter ins Tal geflohen sind. Völlig ungestört grasen sie nur wenige Meter neben uns und Louise beobachtet die majestätischen Tiere gebannt.
Bergkulisse mit Nebelschleier
Jetzt aber weiter, der Regen wird stärker! Louise hüpft zurück in die Kraxe und wir passieren die letzten paar Serpentinen bis zur Hütte fast im Laufschritt.
Wie toll hier das Panorama eigentlich ist… und wie wenig man heute davon sieht!
Immerhin klart der Blick in Richtung Westen durch das Kaisertal auf und wir erahnen den Weg, der vom Stripsenjochhaus steil hinab in Richtung Hans-Berger-Haus und weiter bis nach Kufstein führt. Mehr sieht man aber nicht, deswegen verzichten wir auf die 200 Höhenmeter Aufstieg zum Stripsenkopf. Eigentlich ein schöner Gipfel, wenn man schon mal da ist. Auf dem Weg dorthin findet sich zudem noch eine Auswahl an kleinen Übungsklettersteigen und ein kleines Sportklettergebiet, wo auch ich im Rahmen eines Kurses meine ersten alpinen Klettererfahrungen sammeln durfte.
Apfelstrudel und Kinderspiele
Nur wenige Wanderer sind heute mit uns auf der Hütte, die Stimmung ist trotz des Wetters fröhlich und ausgelassen. Einige haben sogar die Durchschreitung des Ellmauer Tors über den Eggersteig gewagt. Nass und rutschig war’s. Na, das glaube ich ihnen sofort.
Louise schnappt sich direkt ein Spiel vom Spieletisch und kuschelt sich auf die gemütliche Eckbank.
Wir bestellen Tee und Apfelstrudel und freuen uns, trockene Kleidung im Rucksack zu haben.
Wir haben Glück, die Wolken heben sich und der Regen wird weniger.
Der Weg hinab ins Tal rauscht nur so an uns vorbei und in nur knapp 45 Minuten sind wir wieder zurück am Auto. Natürlich nicht ohne ein paar Wildkräuter im Rucksack und einige Zapfen und Steine, die laut Louise unbedingt den Weg nachhause finden müssen.
Ab ins Kino!
„Können wir bald wieder hoch und Kletter-Kino schauen und dort schlafen?“ fragt Louise, als wir bei der Griesneralm angekommen sind und schaut mich erwartungsvoll an.
Das machen wir, versprochen!
Das Stripsenjochhaus bietet sich wirklich wunderbar für eine Hüttenübernachtung mit Kindern an. Ideal gelegen für eine Mehrtageswanderung, oder als Stützpunkt für eine Wanderung am nächsten Tag. Es gibt 2-, 4- und 6-Bettzimmer, sodass man sogar ein wenig Privatsphäre auf der Hütte erleben kann.
Je nach Route dauert der Aufstieg zwischen 1h15 und 5 Stunden, auch da ist wirklich für jeden was dabei!
Wir kommen sicher bald wieder und wer weiß, vielleicht sitze ich ja schon bald im „Kino“ und schaue Louise beim Klettern an der Fleischbank zu…?
Weitere Infos:
Stripsenjochhaus (1577m): Gehzeit ab Griesener Alm - 1-1,5 Stunden. Weitere Aufstiegsmögichkeiten ab Kufstein, Ellmau, oder Walchsee.
Geöffnet von Mitte Mai bis Anfang Oktober. Für Übernachtungen bitte Vorreservieren.