Über das Sonnwendköpfl zum Taubensee
Zu Besuch bei Annemarie auf der Taubenseehütte
Ein Badesee auf 1.138 m und Sterneküche nur wenige Meter höher. Dazu ein Gipfelchen mit Aussicht. Aber was hat das alles mit Krebsen zu tun?
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„5-Sterne-Köchin“ steht groß auf der Schürze geschrieben, die Annemarie trägt als sie mich mit einem strahlenden Gesicht begrüßt. „Ich hatte schon gehofft, Du kommst nicht mehr“, sagt sie spaßhalber, um sich vor unserem Interview zu drücken. „Nein, so leicht kommst Du mir nicht davon“, entgegne ich und schnell sitzen wir zusammen am Tisch und tauschen uns aus, was ich eigentlich vorhabe und warum ich überhaupt hier bei ihr auf der Taubenseehütte bin.
Wenige Minuten später sitze ich mit Annemarie auf der Terrasse. Die Sonne strahlt mit ihr um die Wette und sie erzählt mir wie das hier oben so läuft. Der Arbeitstag startet früh, gerade in der Hauptsaison jetzt im Sommer. Einkaufen unten im Tal, die Mitarbeiter einsammeln und alle zusammen mit dem Pickup zur Taubenseehütte auf 1.165 m Höhe, etwas oberhalb des Taubensees, befördern. Und dann geht es erst richtig los: Kuchen backen, Kartoffeln kochen, Schnitzel panieren. Denn eins ist Annemarie, die die Hütte vor 17 Jahren von ihren Eltern übernommen hat, besonders wichtig: Es werden keine Fertigprodukte verwendet, sondern alles wird frisch zubereitet. Und das schmeckt man auch…
Start von Kössen
Doch das leckere Essen, egal ob Schnitzel, Kaiserschmarrn oder Kuchen, will verdient werden und so starte ich knapp anderthalb Stunden bevor ich Annemarie zum ersten Mal treffe, im Kössener Ortsteil Mühlberg mit dem Kaisergebirge und dem Kaiserwinkl im Rücken. Beschaulich geht es Tritt für Tritt, ich bin mit dem (E)-Mountainbike unterwegs, auf breiten Wegen nach oben. Bald passiere ich die Rinderbrachalm, folge kurz danach aber nicht dem Weiterweg zur Frankenalm (naja, eigentlich schon, klassischer Verhauer), sondern halte mich weiter gen Dichtleralm, die wenige Minuten später erreicht ist. Hinter dem Zaun belagert eine Kuhherde den Weiterweg, doch die sind wenig beeindruckt vom vormittäglichen Besuch. Wenige Meter hinter der Alm ist Schluss mit dem E-Bike, denn hier zweigt der Aufstieg zum Sonnwendköpfl ab.
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Aufstieg zum Sonnwendköpfl
Und der hat es in sich. Steil geht es über Wurzeln und Steine bergauf. Der Charakter des Weges ist gleich ein anderer, aber zum Glück verläuft der Steig im Wald, denn die Sonne läuft auf Hochtouren. So geht es eine knappe halbe Stunde dahin, es folgt noch ein kleiner Absatz, der unschwierig überklettert wird und die idyllische Sauermöseralm ist erreicht. Ein Paradies ist das hier oben.
Zwischen den beiden Hütten halte ich mich links in Richtung Taubensee und wenige Minuten später stehe ich am 1.279 m hohen Sonnwendköpfl, das steil nach Süden hinab zur Dichtleralm abfällt. Von hier oben wartet ein perfekter Blick auf das gegenüber liegende Kaisergebirge. Die Sonnwendfeuer im Zahmen und Wilden Kaiser Ende Juni müssen von hier oben besonders sehenswert sein. Daher wahrscheinlich der Name des Gipfels?
Abstieg zum Taubensee
Im schattigen Bergwald windet sich der Weg nun steil aber unschwierig hinab und beinahe unvermittelt liegt zu meinen Füßen der Taubensee. Von einem kleinen Steg springen Kinder ins Wasser des Sees, der im Sommer Wassertemperaturen von über 20 Grad erreicht. Ein Badesee auf 1.138 Metern.
Der Taubensee wird auch als das Auge des Chiemgaus bezeichnet, denn eine Hälfte des Sees liegt in Bayern, die andere in Tirol. Tauben suche ich hier allerdings vergebens, aber Annemarie erklärt mir wenig später, dass sich der Name von „Dauppn“ ableitet. So werden die Krebse genannt, die auch heute noch im Taubensee leben.
Eine Besonderheit hat der Taubensee noch: Es gibt keinen Zulauf und keinen Ablauf. Trotzdem ist der Pegelstand über das Jahr ziemlich konstant und er schwankt kaum. Gespeist wird der Taubensee nur durch Schmelz- und Regenwasser.
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Taubenseehütte
Wenige Minuten später stehe ich schon bei Annemarie in der Taubenseehütte, wir sitzen wieder am Tisch und in der Küche darf ich ihr beim Kochen über die Schulter schauen. Geschäftig geht es hier an schönen Tagen und vor allem am Wochenende zu. Und nachdem Annemarie mir noch stolz ihre Auszeichnung von Gault & Millau zu einer der besten Almhütten des Landes zeigt, ist auch schon mein Schnitzel fertig.
Abstieg nach Kössen
Nachdem das riesige Schnitzel verschlungen ist, heißt es zum Abschied leise „Servus“ zu sagen. Steil geht es direkt unterhalb der Hütte hinab bis zur Hirzinghütte und ich wäre wenig versessen darauf, den Pickup den schmalen Weg hoch und noch weniger herunter zu fahren. An der Hirzinghütte angekommen, halte ich mich links und erreiche nach kurzem Gegenanstieg wenige Minuten später mein geparktes Bike, mit dem es zurück zum Ausgangspunkt geht.
Fazit
Herzlich und idyllisch sind wohl die beiden Adjektive, die am besten zum Taubensee und der gleichnamigen Hütte passen. Mit dem Sonnwendköpfl lässt sich auch noch ein kleiner Gipfel mit tollen Aussichten in die Tour einbauen. Oder man nimmt die klassische Variante, die ihr hier findet:
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Andreas Gruhle, 32. Der Outdoor-Fanatiker ist Wanderer und Bergsteiger aus Leidenschaft und lebt inmitten der Chiemgauer Alpen. Egal wie schwer der Rucksack ist: Die Kameraausrüstung darf nicht fehlen. Seit ein paar Jahren bloggt Andreas auf gipfelfieber.com über das Draußensein und teilt seine liebsten Touren nun auch im Kaiserwinkl-Magazin.